Mittwoch, 22. Juli 2020 / Amsterdam Noord

Da nimmst du die Fähre ganz links, gleich hinter dem Hauptbahnhof, oder gönnst dir eine kleine Industriewanderung ab Buiksloterweg. Weil ennet des Flusses IJ das neue Amsterdam entsteht. Wie in Die Trabantenstadt, bloss halt ohne Asterix. Du kannst dir vorstellen, wie’s gewesen war, und dann auch, wie es dann mal sein wird. Die Trabantenstadt. Ich also Kanälen entlang, Baustellen querend, zwischen barackigen Wohngelegenheiten hindurch, bis irgendwann die Nederlandsche Scheepsbouw Maatschappij (NDSM) den Blick versperrt. Was mal die grösste Werft Europas gewesen war. Bis 1984.

NDSM (Foto: AnnA)
NDSM (Foto: AnnA)

Hier werkeln Künstler, darfst du selbst zur Spraydose greifen, oder einfach ein wenig herumschlendern, und Fotos schiessen zum Beispiel. Bloss nicht von Künstlern, die wollen vorher gefragt werden. Gesehen habe ich aber keine.

Dienstag, 21. Juli 2020 / Zorgvlied

Der Amstel entlang, dann weiter der Amstel entlang, und noch weiter und weiter der Amstel entlang, bis du Zorgvlied erreichst. Zorg wie Das fünfte Element? Eher nicht, sondern einfach mal Vliedhof. Da, wo die Toten ruhen. Oder deren Körper. Na ja, vielleicht nicht mal mehr das.

Zorgvlied (Foto: AnnA)
Zorgvlied (Foto: AnnA)

Dienstag, 21. Juli 2020 / Wohngelegenheit? Wohnangelegenheit!

Zack Zack, ein, zwei Klicks, und fertig. Das Ergebnis? Eine winzig kleine Wohnung à la Kinderschuhschachtel in Amsterdam. Dann noch der Typ dazu. Rob. Hatte ich den mitbestellt? Nein. Zum Abwinken nice zwar. Mega zuvorkommend. Und supergay. Supersupersupergay. Da quetscht du dich zum Beispiel aufs Klo, Knie am Kinn, und zwanzig Zentimeter vor deinen Augen klebt ein behaarter Männerarsch in bnw an der Schiebetür. Hochglanz, klar, aber Arsch bleibt Arsch, und mit Ärschen hab ich‘s nie so gehabt. Behaarten erst recht nicht. Auch sonst so. Die ganze Bude voller Bilderbücher, eins davon heisst Männer im zweiten WK. Jungs auf dem Panzer, Jungs im Schützengaben, Jungs am Sonnenbaden, selbstredend wenig Uniform, dafür reine, unverletzte Haut, die Glücklichen. Stapelweise Druckwaren, unübertrieben, sogar der Esstisch ist bedeckt, und dann noch ein betäubender Duft nach Orangen. Erst fällt‘s nicht auf, später umso mehr. Süss. Schwer. Ölig. Nichts riecht nicht danach. Bettwäsche, Kissen, Sofa, Wände, was auch immer, und es dauert Stunden, bis du die Partikel aus der Nase kriegst. Vielleicht aber auch nie. Bin dann umgezogen, gerade heute morgen, ins Hotel Aalders im Museumkwartier. Van der Heyden, Rembrandt, Brueghel, Van Gogh heissen die neuen Nachbarn, und eine Menge Kneippen gibt‘s da auch.

Hotel Aalders (Foto: AnnA)
Hotel Aalders (Foto: AnnA)

Montag, 20. Juli 2020 / De Wallen

Da muss man hin, steht schliesslich in jedem Reiseführer.

Rotes Licht, Schaufensterpuppen, und sonst so Läden. Dann Männer, Heteros zumeist, und Frauen, die stören. Ich zum Beispiel, weil auf der falschen Seite vom Glas. Ganz einfach.

Foto: Anna
Foto: Anna

Bist du eine von denen, die Hand in Hand mit Maskulin durch jene illustren Gassen flaniert? Nicht sicher, ob du das Ganze von oben herab, oder von unten herauf betrachten sollst? Irgendwie angespannt? Uneasy? Kommst so ins Vergleichen hinein. Checkst: Zwei Paar Schuhe, aber halt doch dieselben Latschen?

Was sich leider nicht ändern lässt. Denn du bist nicht käuflich. Wenigstens nicht allzeit. Dich muss man vorher UND nachher ertragen. Du hast kein Schaufenster. Keine Plattform. Weil du eben das Gesamtpaket bist. Eigentlich immer. Launen hast. Vorlieben. Erwartungen. Einfach bloss Körper geht nicht. Längst nicht mehr. Du bist eine Herausforderung. Mit dir hat man eben Beziehung. Du willst das so. Geben und nehmen. Dann noch die Skills. Auch da hast du keine Chance. Du bist kein Profi wie sie. Dafür aber kennst du ihn. Worte, die antörnen, den einen geheimen Punkt, die verflixte Stellung. Wie übrigens auch er. Manchmal jedenfalls. Das alles geht dir so durch den Kopf, wenn du mit ihm durch die roten Gassen schlenderst. Verstohlen da und dorthin schaust, wie auch er, wenn er gerade denkt, dass du ihn nicht beobachtest. Was du aber tust. Nonstop.

Zurück im Hotel dann habt ihr 6. Ein klein wenig Nuttensex, das steckt so in euren Köpfen drin. Du die Hoor, und er der Freier, bloss halt ohne Gummi. Danach plant ihr den morgigen Tag, wie es sich gehört, und schläft dann ein.

Montag, 20. Juli 2020 / Fliegen nach Amsterdam

Da ist dann der viel zu frühe Morgen, und ich, die wie Zorro mit der schwarzen Maske vorm Gesicht aus der Nacht herausschleiche. Und gibt es etwas Schöneres, als ein in Morgensonne getunktes Flugzeug? Wahrscheinlich ja.

Flughafen Zürich (Foto: Anna)
Flughafen Zürich (Foto: Anna)