Sonntag, 9. August 2020

Gestern noch Party, sozusagen, dort, auf der anderen Seite der Geleise, Paul nach Paul, und ein Haufen Schokoladekekse, die ich einen nach dem andern in mich reinstopfe.

Foto: Veilchenblau

AnnA, die rumsteht, und Leute betrachtet, Menschen mit Käsegesichtern, wegen dem gelben Licht einer Strassenlaterne, das durch schmutzige Fensterscheiben rinnt. Menschen, die lachen, Lippen bewegen, und einander sich zuneigen wie Rokokotanz, mit steifem Torso, Hände hinter dem Rücken. Das alles wegen Covid, böser, böser Covid! Dann die anderen, Superspreader-like, trotzig rotzig Nahbereiche penetrierend, dass geradewegs sie sich in den Schatten einer Säule verzieht. Sie also ich gleich AnnA. Die Band spielt den Blues, und einer besingt verlorene Lieben, zwischendrin genuschelte Ansagen, die keine versteht. Ein Mädel tanzt verloren zur eigenen Musik, und ich staune, wie Arme ihr über den Kopf wachsen, sich ineinander verknoten, verschlingen, während ahmender Schatten an der rissigen Wand länger und länger wird. Bis seltsam abgeknickt er über die Decke züngelt. Ich starre auf die zarten Brüste der jungen Frau, Knospen, die sich unter dem Stoff des weissen Shirts abzeichnen, und folge den Konturen ihres Körpers, behutsam, äusserst behutsam, bis jemand unsanft mich anrempelt und zischt, dass ich es einfach vergessen soll. Vergessen! Doch ist es einer dieser Abende, an denen ich nichts zu entgegnen weiss, kein verdammtes Wort zu entgegnen weiss, bloss Gebäck in mich reinstopfe, und mit Paulbier runterspüle. Mich mal da mal dort hinstelle, in der Hoffnung, dass Perspektive etwas ändere. Doch Perspektive ändert bloss den Blick darauf, und ich bleibe dieselbe, wie auch du, und alle anderen sowieso. Bis ich dann abschleiche, endgültig, mich unbeholfen aufs Fahrrad schwinge, und in Schlangenlinien nach Hause radle, vielleicht ein wenig enttäuscht insgesamt, weil ich nicht matche, nicht passe, nicht dort hinein. AnnA, die Inexistente, Unsichtbare, obwohl es einfach wäre, zu einfach sogar, anders zu sein. Ich falle in mich hinein, rutsche bäuchlings vom bröckelnden Krater zur Sohle, und werde zusammengefaltet. Jeder noch so halbe Gedanke gerät zum knisternden Vogel aus hauchdünnem Papier, Origamiflatterflatter, nutzlos, sinnlos, bis ich die Flamme meines Feuerzeugs darunter halte, und graue Asche zu Boden rieselt. Oder die Dinger wie lästige Mücken an die Wand klatsche. Weiss getünchte Wand mit dem Schatten einer Tänzerin drauf.