Hinterland

Wir lichten Anker und verduften dann mal. Die netten Nachbarn winken uns hinterher, bis bräunlich-gelbe Staubwolke sich zwischen uns legt.

Pitigliano

Seit der Autobahngeschichte hat Babs den Glanz in den Augen. Und nach Grosseto biegen in Richtung Apennin ab, worauf Strassen sowohl schmaler als auch kurviger werden.

A Naartjie In Our Sosatie heisst eine Platte aus den 80ern, welche ich mir damals gekauft habe und heuer digital wiederentdecke. Damit können jedenfalls alle leben.

Hinterland
A Naartjie In Our Sosatie (Quelle: bandcamp)

An einer Ausfahrt mit Postkartenblick werden wir zugeparkt, danach tropft Charme wie Blut von meinen Lefzen. Dafür haben diverse Piloten ihre Vehikel tadellos an den Rand der Schlucht bewegt um Korridor zu schaffen. Für mich notabene.

Unser Haus heisst La Casa Del Ghetto (bloss falls du mal hin willst) und liegt gleich neben der alten Synagoge. Veilchenblau wirft erst mal Ofen an und haut sich aufs Ohr. Später versuchen wir vergeblich, das Teil nachzujustieren, Stichwort Niedergaren.

Hohlweg bei Pitigliano (Bild: AnnA)

Ein Spaziergang ausserhalb führt durch in Tuff geschlagene Hohlwege. Links und rechts gähnen Grotten, wo vor mehr als 2000 Jahren Tote gelagert worden waren. Jedenfalls erzähle ich das so, heuer aber siehst du Betten darin plus schimmelige Überbleibsel ebensolcher Partys.

Am Ulmenbrunnen rasten wir und kehren auf demselben Pfad wieder zurück.

Tags darauf Sorano

Der Weg nach Sorano sei zu Fuss am Schönsten, versichere ich unentwegt, während wir draussen vor der Synagoge hocken und uns von der schwächlichen Sonne bescheinen lassen. Babs wäre zwar lieber ein wenig durch die Stadt geschlendert, wohlweislich aber kneift sie ihre Lippen aufeinander. Die Franco-Geschichte hängt ihr schwer in Magen oder auch Uterus und aufgehende Sonne ersäuft geradewegs in ihren melancholischen Blinkern.

Unterwegs beflügelt mich die Sache mit dem Historischen, dass ich mir vorkomme wie junger Cerberus. Oder sonst so: Hund. Schritt auf Tritt Vergangenheit verschafft mir das erhebende Gefühl zugehöriger Weite. Am sehnlichsten aber wünsche ich mir ein Wurmloch, wo ich reinpasse. Veilchenblau aber meint, dass dies längst schon geschehen sei.

In Sorano gibt’s Prosecco und knusprige Pizza mit Käse wie klimaerwärmte Gletscher. Eine Frau in schwarzen Leggins mustert uns bedrohlich. Vielleicht so ein Revierdings?

Später betrachten wir kopfüber-Fledermaus im Kegel meiner Taschenlampe plus jede Menge Höhlengräber noch dazu. In manche krieche ich hinein und hock auf die Bettstatt aus Lavagestein. Wie samtene Engelsflügel umgibt mich Stille. Es riecht modrig.

Abends essen wir extravagant in mehreren Gängen, derweil am Nebentisch ein Paar diniert, das sich nicht traut.

Franco

Tags darauf steht Franco vor der Tür, während aufgedonnerte Babs halbherzig Überraschung mimt. Veilchenblau jagt blaue Blitze durch die Gegend, dass Darth Vader zum Sandkastenbub mutiert. Ich steh mal wieder dazwischen und vermittle. Morgen gehts nach Hause, soviel ist klar. Und heute ist heute.

Am andern Tag sitzen wir zu Dritt im Bus und Waldgeflüster klingt an. Dahoam heisst die Scheibe und passt irgendwie. Jedenfalls: Löffel wäre stolz auf mich.

Und Franco? Was weiss ich?


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