Freitag, 7. Juni 2019

Der Zug nach München ist mit 25 Minuten Verspätung unterwegs. Am Bahnhof hat mich ein Ami gefragt, ob das hier Sitte sei. Verspätungen. Ich habs abgestritten. Amis sind doof.

Münchentrip (Foto: Anna)

Mittwoch, 5. Juni 2019

Frühmorgens ist die Sonne ein gieriger Ball, der die Erdenscheibe von Osten her frisst wie Pacman Pfannkuchen. Ich zieh mir was Kurzes an, damit man die Beine sieht, esse unterwegs ein Butterbrot und vergesse beinahe den Arzttermin. Heutzutage gibt’s keine Probleme mehr, sondern bloss noch Herausforderungen, das musst Du einfach checken.

Montag, 20. Mai 2019

Draussen schifft’s wie aus Kübeln. Seit gestern. Ununterbrochen. K ist heute Abend nicht nach Hause gekommen, und ich pfeif mir die letzte Folge GoT rein. Gleich morgen melde ich mich zur Nachtwache.

Smiling Buddha (Foto und Nachbearbeitung: AnnA)

Meine Haltestelle

Ich sitze auf einer Bank. Manchmal bremst ein Trolley. Dann wieder die Strassenbahn. Leute steigen ein, andere aus. Menschen mit Gesichtern. Menschen wie Mummenschanz. Wortlos. Ich bleibe hier sitzen. Die Beine übereinander geschlagen. Und gehöre dazu. Hierzu. Zu dieser Haltestelle. Meiner Haltestelle.

Ein Kind spielt mit dem Ticketautomaten, der irre froh um Zuwendung ist. Der Online-Markt macht ihm zu schaffen. “Wie lange wird es mich noch geben?“, fragt er sich andauernd und piepst bei jedem Tastendruck so fröhlich es halt geht. Er hasst schmutzige Finger, doch wer kann es sich schon leisten, Kundschaft von morgen zu vergraulen? Wenn es ihn dann noch gibt. Morgen.

Highgate Cemetary

Highgate Cemetery, Camden. Marx liegt hier, aber egal. Sowie Douglas Adams. Doch habe ich ein Leben lang Handtücher geschüttelt und kein Arsch hat mich abgeholt. Soviel dann mal zur Literatur.

Highgate Cemetary im April 2019 (Bild: AnnA)
Highgate Cemetary im April 2019 (Bild: AnnA)

Sonst so London?

Sonne mit schmierigen Fingern

Sonne langt mit Fingern durch halbgeöffnete Rouleaus und malt gelbe Streifen auf mein Gesicht. Heute ist Dienstag und ich bin in Southwark aufgewacht.

Southwark

Aus dem Bett gewälzt, geduscht, et cetera, sodann vors Haus, um eine zu schloten. Autos stehen Stau, Graumenschen schleichen wer weiss wohin und eine Gruppe putziger Mädchen sind auf dem Weg in eine womöglich ummauerte Institution. Nach ein paar Paffern schnippe ich die Kippe in einen verwilderten Vorgarten, es nieselt. Wirtin hat Kaffee gebraut, Tassen auf den Tisch gestellt. Setzt sich gegenüber und erzählt vom Gestern. Schaut mich an mit Augen gross wie Popcorn-Kino.

Den Rucksack übergehängt, schreite ich aus. Sonne versteckt sich nunmehr hinter grauem Gewölk und ich bin froh, Pullover eingepackt zu haben. Es bläst. An einer Frühstücksbar erstehe ich Kaffee und Hörnchen und setze mich an die Themse. Hinter mir Tower mit Kronjuwelen, was man von aussen natürlich nicht sehen kann. Spatzen versuchen, mir das Gebäck aus den Händen zu klauen. Vögel ekeln mich an, nicht, weil ich Rebhuhn heisse, sondern des Gefieders wegen.

St. Dunstan East Street Garden

Plan? Keinen.

Ein paar notierte Orte, die besucht werden wollen, empfohlen von irgendwelchen Irgendwelchen. Blogger*innen und so. Als erstes spaziere ich zum St. Dunstan East Street Garden, was früher mal Kirche gewesen, dann Weltkrieg und heute, was davon so übrig blieb. Gemäuer sind mit Efeu überwachsen, im ehemaligen Schiff stehen Sitzbänke aus bröckligem Stein. Fröstelnd rauche ich Zigaretten und linse durch Fensterlöcher auf Fassaden dahinter liegender Häuser. Als es zu nieseln beginnt, mache ich mich von dannen.

London City

Wie Ameisen aus ihren Löchern gekrochen und Gehsteige entlang gekrabbelt.

Homines Sapientes in Anzug und Krawatte auf der Suche nach Zuckerwasser. Vor der St. Paul’s Cathedral stehen Leute, die von Sicherheitskräften in leuchtend gelben Westen auf Explosives hin untersucht werden. Gleich in der Nähe befindet sich ein Markt. Stände werden aufgestellt und Auslagen bereit gemacht. Etwas Hunger dann schon.

Markt, Nähe St. Paul’s Cathedral (Foto: Anna)

St Bartholomew the Great

Die Klosterkirche ist zu Fuss gut zu erreichen. Im Innern steht ein überlebensgrosser Bartholomäus (von Damian Hirst), die abgeschälte Körperhaut lässig über den Arm gelegt. Dann noch fleissig mit Gold übergossen, damit es auch recht schön glänzt. Weil Hirst ist ‘ne grosse Nummer, jetzt weisst du’s.

Im Gegenuhrzeigersinn Schiff durchwandeln, ohne auf Grabplatten zu treten. PRise Aberglaube hat noch keiner geschadet, so oder so. Aus alten Gemäuern flüstert dir Vergangenheit zu, lies Die Flüsse von London. Und ich lege meinen Kopf an eine Säule und horche in den Stein hinein. Dabei denke ich ihn zum Beispiel, meinem Vater, dem ich hier näher bin als damals noch im echten Leben.

Hosier Lane 23

Draussen auf der Bank. Handy surrt, und es ist K. Ich hätte ihm dort beim Creux du Van einen Schubs verpassen sollen. Hatte noch dran gedacht, am Ende aber Bammel. Denn es heisst, wer’s einmal tut, tut’s wieder und wieder. Sowieso ich eher verhaltene Sorte, und weniger Mörderinnenbrut. Notwehr hin oder her. An der Hosier Lane 23 stille ich meinen Hunger und merke mir die Adresse.

Hosier Lane 23 (Foto: Anna)

Sonst so London?


Nach London im April

Nach London im April. Stehe an der Sicherheitskontrolle und überführe den Inhalt meiner Taschen in Wannen aus Plastik.

Handgepäckkram verschwindet gerade in der Röntgenapparatur. Derweil Beamtin gelangweilt das totale Nichts fixiert, durchschreite ich den Detektor. Sie sähe Bombe nicht, wenn noch ein Zettel dranhängen würde. Meine Harmlosigkeit. Im Flugzeug neben mir einer, der sich breitbeinig ins Polster lümmelt. Scheele Blicke auf mein Shirt, wo da diese Erhebung und damit meine ich nicht Bauch. Dann startet der Pilot durch und ich schaue Wolkendecke. Im Kopf Trespass von Genesis, was denn sonst?

Ab Luton fährt die Eisenbahn nach London City. Der Geilo von nebenan schleicht noch ein Weilchen Kreise, bis ich ihm entnervt den Finger zeige. Im Zug rasen Grafschaften an mir vorbei oder so. Ich atme aus. Vor jeder Station betet eine Lautsprecherstimme Stationen herunter, bloss, dass jedes Mal eine fehlt. Zehn kleine Haltestellen.

London City. Mildes Abendsonnenlicht tropft wie dickflüssiger Honig von den Dächern. Genauso riecht es auch. Dem Flussufer entlang schlendernd Rolltasche hinter mir hergezogen. Menschen in Feierabendstimmung. Entgegenkommenden Joggern blase ich Zigarettenrauch ins Gesicht. Doch sind die zu höflich, um zu meckern. Oder es gehört einfach dazu.

London Tower Bridge (Foto: AnnA)

Southside

Ein paar Fotos von der Bridge geknipst, anschliessend Wohnung gesucht. Die Vermieterin hat die Dreissiger kaum überschritten und empfängt mich in Pantoffeln und Bademantel, den sie sich über der Brust zuhält. Anzüglich? Keine Ahnung. Gerne würde sie Schwätzchen halten, doch hängt Sprachbarriere wie roter Balken zwischen uns. Englisch ist weniger so ihr Ding, soviel ist klar. Später dann gehe ich eine Kleinigkeit essen.

Sonst so

London?