Wer ich bin?

Wer ich bin fragst du mich nicht zum ersten Mal mit spitzen Lippen.

Helsinki-Bühne (Bild: AnnA)

„Falsche Frage“, antworte ich. Den Rest kannst du dir selber denken.


Tagebuch V

@Viadukt, Zürich (Foto: AnnA)

14. April 2021

Jugendliche spielen ums Haus mit gusseisernen Deckeln, weshalb Mütter im Quartierchat davon abraten, Kleinkinder unbeaufsichtigt draussen herumtollen zu lassen.

15. April 2021

Soviel ist klar: Alltag ist ein gefrässiges, kleines Biest.

16. April 2021

Am Morgen furchtbares Durcheinander wer was wann wo wie warum und ob es superSMART wäre, W für W beantwortet zu haben?

20. April 2021

Gesellschaft muss manchmal so betrachtet werden, als ob es sie eine wäre und alles wird gut.

21. April 2021

Ticketkontrolle schon wieder.

Alltag ist ein dummer Hund

Foto: Romina Nikolić

I

Auf der Brücke rattern Camions, Busse und Personenwagen, wiewohl Sonne sich schweigend über den Plattenrand stemmt. Kleine, programmierte Menschmaschinen sind auf dem Weg zur Arbeit obwohl keine weiss woher und wohin.

II

Der Feuerball hat sich losgemacht vom Horizont und hängt schwer über kantig schwarzen Dächern. Im Zug lesen Leute Zeitung oder streicheln Handys. Ich schaue Gesichter und sehe weisse, faltige Häute, die sich über Knochen spannen.

III

Den Rest zum Zenit muss Helios schieben, weil anders nicht geht. Gegenüber sitzt einer, dessen Augen von da nach dort kullern, worauf ich meinen Bleistift beiseite lege, um mich auf das Unausgespochene zu konzentrieren.

IV

Später dann versiegt das Glühen und Dunkelheit schleicht wie Riesengeheimnis durch den städtischen Park. An Ecken stehen krumme Gestalten und murmeln von pechschwarzer Nacht. Wenn sie dann nach Hause gehen, sind sie plötzlich allein.