Britzerland

Boris Johnson, wie er Cassis an der Downing Street empfängt: Britzerland. Natürlich aber geschmunzelt. Sogar die Queen sei nett, meint der Schweizer. Und strahlt übers ganze Gesicht.

Wir? Natürlich ganz in der Nähe.

Getting there

Diesmal Heathrow per Airbus und in Pimlico angekommen. Das Sidney liegt ca. zehn Gehminuten ab Victoria Station, plus dass der 24er nach Camden direkt vor der Haustüre hält. Um die Ecke jede Menge Pubs’n’Taps ungleich Diät. Doch zum Diäten sind wir auch nicht hergekommen.

City of London (Bild: AnnA)

Hide Park

Am Speakers Corner kriegst du die ungefähr leckerste Hot Chocolate der nördlichen Hemisphäre, hingegen Null Speeches à la Reisprospekt. Seit Brexit mag keine/r mehr palavern, resumiert der Pakistani am Kiosk, wo wir Saures kaufen und Veilchenblau ein verwaschene Mind the Gap Shirt ersteht.

Carnaby Trip

Im Bus neben uns zwei Russinnen, wobei du natürlich gleich ins Sinnieren gerätst. Bloss, weil die jetzt kyrillisch tratschen, traust du dich nur halb zu lachen.

Veilchenblau schaut zum Fenster raus, wo Polizei Absperrbänder verzurrt. Wegen der vielen Blinklichter Assoziation Drama. Noch dazu reglos zugedecktes Könnte-im-Fall-Mensch-sein.

Wir praktizieren Hop-Off und folgen dem Besucherstrom. Just beim Trafalgar Square ist die Propellerambulanz gelandet. Eine turbane Grossfamilie lässt sich davor ablichten, während Pilot rumstolziert und ins Funkgerät nuschelt.

Trafalgar Square (Bild: AnnA)

Sonne scheint, wir hängen rum. Erst Tauben geföttelt, danach Carnaby Street. Veilchenblau zieht sich bunte Schuhe mit Heels wie Nelsonsäulen rein, ich kauf mir grüne Socken.

Ton Steine Shard

Erst hin- und her disputiert, dann trotzdem hoch: The Shard. Anschliessend Bier und St Dunston, wo wir doch schon mal da sind. Später Sonnenuntergang von der Vauxhall Bridge und im Marquise zwei drei letzte Biere gezischt. Ich halte mich ans Hells, dann Hotel und in der Nacht hörst du Sirenen.

Britzerland
Von der Vauxhall Bridge (Bild: AnnA)

Brighton

Hier sei alles verrückt, lese ich, aber eigentlich ist leer. Am Strand Kopf an die Sonne gehalten, anschliessend Pier. Nach dem Essen: Nie wieder Onion Rings.

Brighton (Bild: AnnA)

Sonst so Britzerland?

Look here…

Nullmeridian

Sie will London und ich Herefordshire. Doch ist City genauso okay. Keine Sache. Oder auch beides.

London hat ‘ne Menge Jazz plus Nullmeridian und stell dir letzteres mal vor. Obwohl bloss aufgemalt, macht quasi Gefühl sich lang, sobald du Fuss drauf legst. Vorstellung von Vorne-rum-hinten-hoch verpasst dir die globale Gewissheit.

Wo im Alltag du mehr so Scheibe lebst.

Nullmeridian
Bild und Bearbeitung: AnnA

Und sonst so London?

Sonne mit schmierigen Fingern

Sonne langt mit Fingern durch halbgeöffnete Rouleaus und malt gelbe Streifen auf mein Gesicht. Heute ist Dienstag und ich bin in Southwark aufgewacht.

Southwark

Aus dem Bett gewälzt, geduscht, et cetera, sodann vors Haus, um eine zu schloten. Autos stehen Stau, Graumenschen schleichen wer weiss wohin und eine Gruppe putziger Mädchen sind auf dem Weg in eine womöglich ummauerte Institution. Nach ein paar Paffern schnippe ich die Kippe in einen verwilderten Vorgarten, es nieselt. Wirtin hat Kaffee gebraut, Tassen auf den Tisch gestellt. Setzt sich gegenüber und erzählt vom Gestern. Schaut mich an mit Augen gross wie Popcorn-Kino.

Den Rucksack übergehängt, schreite ich aus. Sonne versteckt sich nunmehr hinter grauem Gewölk und ich bin froh, Pullover eingepackt zu haben. Es bläst. An einer Frühstücksbar erstehe ich Kaffee und Hörnchen und setze mich an die Themse. Hinter mir Tower mit Kronjuwelen, was man von aussen natürlich nicht sehen kann. Spatzen versuchen, mir das Gebäck aus den Händen zu klauen. Vögel ekeln mich an, nicht, weil ich Rebhuhn heisse, sondern des Gefieders wegen.

St. Dunstan East Street Garden

Plan? Keinen.

Ein paar notierte Orte, die besucht werden wollen, empfohlen von irgendwelchen Irgendwelchen. Blogger*innen und so. Als erstes spaziere ich zum St. Dunstan East Street Garden, was früher mal Kirche gewesen, dann Weltkrieg und heute, was davon so übrig blieb. Gemäuer sind mit Efeu überwachsen, im ehemaligen Schiff stehen Sitzbänke aus bröckligem Stein. Fröstelnd rauche ich Zigaretten und linse durch Fensterlöcher auf Fassaden dahinter liegender Häuser. Als es zu nieseln beginnt, mache ich mich von dannen.

London City

Wie Ameisen aus ihren Löchern gekrochen und Gehsteige entlang gekrabbelt.

Homines Sapientes in Anzug und Krawatte auf der Suche nach Zuckerwasser. Vor der St. Paul’s Cathedral stehen Leute, die von Sicherheitskräften in leuchtend gelben Westen auf Explosives hin untersucht werden. Gleich in der Nähe befindet sich ein Markt. Stände werden aufgestellt und Auslagen bereit gemacht. Etwas Hunger dann schon.

Markt, Nähe St. Paul’s Cathedral (Foto: Anna)

St Bartholomew the Great

Die Klosterkirche ist zu Fuss gut zu erreichen. Im Innern steht ein überlebensgrosser Bartholomäus (von Damian Hirst), die abgeschälte Körperhaut lässig über den Arm gelegt. Dann noch fleissig mit Gold übergossen, damit es auch recht schön glänzt. Weil Hirst ist ‘ne grosse Nummer, jetzt weisst du’s.

Im Gegenuhrzeigersinn Schiff durchwandeln, ohne auf Grabplatten zu treten. PRise Aberglaube hat noch keiner geschadet, so oder so. Aus alten Gemäuern flüstert dir Vergangenheit zu, lies Die Flüsse von London. Und ich lege meinen Kopf an eine Säule und horche in den Stein hinein. Dabei denke ich ihn zum Beispiel, meinem Vater, dem ich hier näher bin als damals noch im echten Leben.

Hosier Lane 23

Draussen auf der Bank. Handy surrt, und es ist K. Ich hätte ihm dort beim Creux du Van einen Schubs verpassen sollen. Hatte noch dran gedacht, am Ende aber Bammel. Denn es heisst, wer’s einmal tut, tut’s wieder und wieder. Sowieso ich eher verhaltene Sorte, und weniger Mörderinnenbrut. Notwehr hin oder her. An der Hosier Lane 23 stille ich meinen Hunger und merke mir die Adresse.

Hosier Lane 23 (Foto: Anna)

Sonst so London?


Nach London im April

Nach London im April. Stehe an der Sicherheitskontrolle und überführe den Inhalt meiner Taschen in Wannen aus Plastik.

Handgepäckkram verschwindet gerade in der Röntgenapparatur. Derweil Beamtin gelangweilt das totale Nichts fixiert, durchschreite ich den Detektor. Sie sähe Bombe nicht, wenn noch ein Zettel dranhängen würde. Meine Harmlosigkeit. Im Flugzeug neben mir einer, der sich breitbeinig ins Polster lümmelt. Scheele Blicke auf mein Shirt, wo da diese Erhebung und damit meine ich nicht Bauch. Dann startet der Pilot durch und ich schaue Wolkendecke. Im Kopf Trespass von Genesis, was denn sonst?

Ab Luton fährt die Eisenbahn nach London City. Der Geilo von nebenan schleicht noch ein Weilchen Kreise, bis ich ihm entnervt den Finger zeige. Im Zug rasen Grafschaften an mir vorbei oder so. Ich atme aus. Vor jeder Station betet eine Lautsprecherstimme Stationen herunter, bloss, dass jedes Mal eine fehlt. Zehn kleine Haltestellen.

London City. Mildes Abendsonnenlicht tropft wie dickflüssiger Honig von den Dächern. Genauso riecht es auch. Dem Flussufer entlang schlendernd Rolltasche hinter mir hergezogen. Menschen in Feierabendstimmung. Entgegenkommenden Joggern blase ich Zigarettenrauch ins Gesicht. Doch sind die zu höflich, um zu meckern. Oder es gehört einfach dazu.

London Tower Bridge (Foto: AnnA)

Southside

Ein paar Fotos von der Bridge geknipst, anschliessend Wohnung gesucht. Die Vermieterin hat die Dreissiger kaum überschritten und empfängt mich in Pantoffeln und Bademantel, den sie sich über der Brust zuhält. Anzüglich? Keine Ahnung. Gerne würde sie Schwätzchen halten, doch hängt Sprachbarriere wie roter Balken zwischen uns. Englisch ist weniger so ihr Ding, soviel ist klar. Später dann gehe ich eine Kleinigkeit essen.

Sonst so

London?