Ich sitze am Küchentisch, und falte die Hände. Nicht zum Gebet, das nicht, aber ich falte die Hände, und lege sie auf den Tisch.
Zigarettenpaket, Aschenbecher, und Zündholzbriefchen, drei, die zusammen gehören. Zusammen? Aus meiner Sicht. Für mich gehören sie zusammen. Dem Aschenbecher aber läuft’s am Arsch vorbei, total am Arsch vorbei. Er wäre lieber Tasse, doch das geht ja nicht. «Das geht nicht», sage ich zu ihm, «du kannst keine Tasse sein, da fehlt dir Form, sozusagen, zudem sind die Würfel längst gefallen, Alea und so. Weil du bereits determiniert bist. Vorbestimmt. Zum Aschenbechersein. Schau bloss, wie ich meine Zigarette an dir abschnipse, wie ich in dich asche.» Ich mache es ihm vor, und übertreibe ein bisschen. «Sowieso, wie kommst du auf Tasse», enerviere ich mich, «dafür bist du zu flach. Vieeeel zu flach. Betrachte bloss mal die Kerbungen hier am Rand. Wie soll man da aus dir trinken?» «Dann eben Teller», brummelt er kleinlaut, und rutscht unmerklich Richtung Tischrand. «Man kann nicht einfach sein, was man will», fahre ich ungeduldig fort, «Freiheit besteht nicht in der Wahl, sondern Wahl der Wahl. Du bist nun mal Aschenbecher, und Tasse eben Tasse. Klar, wäre auch die gerne Krug, und Krug seinerseits was weiss ich, Vase womöglich, doch Tasse ist Tasse, Krug Krug, und du halt Aschenbecher, ob’s dir passt oder nicht.» Das war jetzt vielleicht ein wenig heftig, aber anders kapiert er‘s einfach nicht. «Am Ende sind wir alle Scherben», flüstert er beinahe unhörbar, und rückt noch näher zum Tischrand, worauf ich ihn resolut zurückschiebe. «Du kannst tausend Mal Tasse sein wollen», antworte ich, «kannst sogar wirklich Tasse sein, aber halt bloss für dich, in deiner Vorstellung, deiner höchsteigenen Vorstellung. Kannst dir noch und nöcher repetieren, dass du Tasse bist, es dir einreden, dir dein Tassensein am Ende gar glauben, und dich womöglich daran erinnern, immer Tasse gewesen zu sein, nichts anderes als Tasse, Tasse, Tasse, was aber nicht heisst, dass du wirklich eine bist, also vergiss es. Vergiss. Es. Einfach. Letztlich zählt einzig, was andere in dir sehen. Was ich in dir sehe, zum Beispiel, denn du bist, was ich alleine in dir sehe.»
Obwohl ich mir für einen ganz kurzen Augenblick tatsächlich überlege, ihm die Freude zu machen. Ihn gründlich abzuwaschen, und Kaffee daraus zu trinken. Ein Mal. Einmal? Aber so läuft das nicht, stell dir bloss vor! Tasse Teller, Teller Vase, und Vase Blumentopf? Nicht mit mir jedenfalls. Mit mir nicht. Doch gerade, als ebendieser kurze Augenblick zu Ende geht, fällt er zu Boden. Rutscht irgendwie vom Tisch, und zerbricht. Worum ich ihn nicht wenig beneide. Dass er jetzt Tasse ist. Teller. Von mir aus auch Vase. Oder Krug.