London, du weisst schon, die mit dem Brexit, Harry Potter et cetera. NWOBHM, Queen, Kings Speech, heilige Pfund und Notting Hill natürlich wegen Julia.
Boris wie er Cassis an der Downing Street empfängt. F****** Britzerland und sogar die Queen sei nett.
Getting there
Diesmal Heathrow per Airbus und in Pimlico abgestiegen. Um die Ecke jede Menge Pubs’n’Taps ungleich Diät. Doch zum Diäten sind wir nicht hergekommen.
Hide Park
Am Speakers Corner kriegst du Null Speeches à la Reiseprospekt. Seit Brexit mag keine/r mehr palavern, resumiert der Pakistani am Kiosk, wo wir Saures kaufen und Veilchenblau ein verwaschene Mind the Gap Shirt ersteht.
Carnaby Trip
Im Bus neben uns zwei Ukrainische, wobei du natürlich gleich ins Sinnieren gerätst. Bloss, weil die jetzt kyrillisch tratschen, traust du dich nur halb zu lachen.
Veilchenblau schaut zum Fenster raus, wo Polizei Absperrbänder verzurrt. Wegen der Blinklichter Assoziation Drama. Noch dazu reglos zugedecktes Könnte-im-Fall-Mensch-sein.
Wir praktizieren Hop-Off und folgen dem Besucherstrom. Beim Trafalgar Square ist die Propellerambulanz gelandet. Eine turbane Grossfamilie lässt sich davor ablichten, während Pilot stolziert und ins Funkgerät nuschelt.
Erst Tauben geföttelt, dann Carnaby Street. Veilchenblau zieht sich bunte Schuhe mit Heels wie Nelsonsäulen rein, ich kauf mir giftgrüne Socken.
Ton Steine Shard
Erst hin- und her disputiert, dann trotzdem: The Shard. Anschliessend Bier und St Dunston um die Ecke. Sonnenuntergang von der Vauxhall Bridge. Im Marquise zwei drei letzte Biere. Nachts hörst du Sirenen.
Brighton
ALLES hier sei verrückt hier, liest du doch eigentlich ist leer.
Ein Niederländisches Team von akademischen Tüftlern hat Honigbienen beigebracht, Covid-19 Viren zu verpetzen. Rüssel raus gleich Judaskuss. Dann gibt‘s Zuckersaft.
In Holland kaufst du eben besser Tulpen und zum Beispiel keinen Honig. Ist wie mit den Fledermäusen. Selbe Geschichte.
Tigermücke in Florida
Summt den globalen Erwärmungssong. Mehrt sich. Summt. Weibchen pikiert. Derweil Männchen tut, wofür Männchen geschaffen worden war. Die Formel dazu: XY plus XX gleich entweder XX oder XY.
Summt den globalen Erwärmungssong. Mehrt sich. Summt. Weibchen pikiert. Worauf Briten mal basteln. Sich X vornehmen. Und Summen verstummt. Womöglich für immer.
Meeressäuger
In London befreien sie diesen Wal aus einer Schleuse. Zahlreiche Schaulustige wohnen dem seltenen Ereignis bei. Das Tier sei wahrscheinlich auf der Jagd nach Fischen die Themse hochgeschwommen und habe sich anschliessend verirrt.
Ein Zusammenhang mit dem Brexit jedoch wird vehement bestritten. Nicht aber ausgeschlossen. Und Bill Gates hat leider keine Zeit, sich auch noch um Weltmeere zu kümmern. Zivilstands Regelung und andere Verschwörungen, du weisst schon.
Highgate Cemetery, Camden. Marx liegt hier, aber egal. Sowie Douglas Adams. Doch habe ich ein Leben lang Handtücher geschüttelt und kein Arsch hat mich abgeholt. Soviel dann mal zur Literatur.
Sonne langt mit Fingern durch halbgeöffnete Rouleaus und malt gelbe Streifen auf mein Gesicht. Heute ist Dienstag und ich bin in Southwark aufgewacht.
Southwark
Aus dem Bett gewälzt, geduscht, et cetera, sodann vors Haus, um eine zu schloten. Autos stehen Stau, Graumenschen schleichen wer weiss wohin und eine Gruppe putziger Mädchen sind auf dem Weg in eine womöglich ummauerte Institution. Nach ein paar Paffern schnippe ich die Kippe in einen verwilderten Vorgarten, es nieselt. Wirtin hat Kaffee gebraut, Tassen auf den Tisch gestellt. Setzt sich gegenüber und erzählt vom Gestern. Schaut mich an mit Augen gross wie Popcorn-Kino.
Den Rucksack übergehängt, schreite ich aus. Sonne versteckt sich nunmehr hinter grauem Gewölk und ich bin froh, Pullover eingepackt zu haben. Es bläst. An einer Frühstücksbar erstehe ich Kaffee und Hörnchen und setze mich an die Themse. Hinter mir Tower mit Kronjuwelen, was man von aussen natürlich nicht sehen kann. Spatzen versuchen, mir das Gebäck aus den Händen zu klauen. Vögel ekeln mich an, nicht, weil ich Rebhuhn heisse, sondern des Gefieders wegen.
St. Dunstan East Street Garden
Plan? Keinen.
Ein paar notierte Orte, die besucht werden wollen, empfohlen von irgendwelchen Irgendwelchen. Blogger*innen und so. Als erstes spaziere ich zum St. Dunstan East Street Garden, was früher mal Kirche gewesen, dann Weltkrieg und heute, was davon so übrig blieb. Gemäuer sind mit Efeu überwachsen, im ehemaligen Schiff stehen Sitzbänke aus bröckligem Stein. Fröstelnd rauche ich Zigaretten und linse durch Fensterlöcher auf Fassaden dahinter liegender Häuser. Als es zu nieseln beginnt, mache ich mich von dannen.
London City
Wie Ameisen aus ihren Löchern gekrochen und Gehsteige entlang gekrabbelt.
Homines Sapientes in Anzug und Krawatte auf der Suche nach Zuckerwasser. Vor der St. Paul’s Cathedral stehen Leute, die von Sicherheitskräften in leuchtend gelben Westen auf Explosives hin untersucht werden. Gleich in der Nähe befindet sich ein Markt. Stände werden aufgestellt und Auslagen bereit gemacht. Etwas Hunger dann schon.
St Bartholomew the Great
Die Klosterkirche ist zu Fuss gut zu erreichen. Im Innern steht ein überlebensgrosser Bartholomäus (von Damian Hirst), die abgeschälte Körperhaut lässig über den Arm gelegt. Dann noch fleissig mit Gold übergossen, damit es auch recht schön glänzt. Weil Hirst ist ‘ne grosse Nummer, jetzt weisst du’s.
Im Gegenuhrzeigersinn Schiff durchwandeln, ohne auf Grabplatten zu treten. PRise Aberglaube hat noch keiner geschadet, so oder so. Aus alten Gemäuern flüstert dir Vergangenheit zu, lies Die Flüsse von London. Und ich lege meinen Kopf an eine Säule und horche in den Stein hinein. Dabei denke ich ihn zum Beispiel, meinem Vater, dem ich hier näher bin als damals noch im echten Leben.
Hosier Lane 23
Draussen auf der Bank. Handy surrt, und es ist K. Ich hätte ihm dort beim Creux du Van einen Schubs verpassen sollen. Hatte noch dran gedacht, am Ende aber Bammel. Denn es heisst, wer’s einmal tut, tut’s wieder und wieder. Sowieso ich eher verhaltene Sorte, und weniger Mörderinnenbrut. Notwehr hin oder her. An der Hosier Lane 23 stille ich meinen Hunger und merke mir die Adresse.
Nach London im April. Stehe an der Sicherheitskontrolle und überführe den Inhalt meiner Taschen in Wannen aus Plastik.
Handgepäckkram verschwindet gerade in der Röntgenapparatur. Derweil Beamtin gelangweilt das totale Nichts fixiert, durchschreite ich den Detektor. Sie sähe Bombe nicht, wenn noch ein Zettel dranhängen würde. Meine Harmlosigkeit. Im Flugzeug neben mir einer, der sich breitbeinig ins Polster lümmelt. Scheele Blicke auf mein Shirt, wo da diese Erhebung und damit meine ich nicht Bauch. Dann startet der Pilot durch und ich schaue Wolkendecke. Im Kopf Trespass von Genesis, was denn sonst?
Ab Luton fährt die Eisenbahn nach London City. Der Geilo von nebenan schleicht noch ein Weilchen Kreise, bis ich ihm entnervt den Finger zeige. Im Zug rasen Grafschaften an mir vorbei oder so. Ich atme aus. Vor jeder Station betet eine Lautsprecherstimme Stationen herunter, bloss, dass jedes Mal eine fehlt. Zehn kleine Haltestellen.
London City. Mildes Abendsonnenlicht tropft wie dickflüssiger Honig von den Dächern. Genauso riecht es auch. Dem Flussufer entlang schlendernd Rolltasche hinter mir hergezogen. Menschen in Feierabendstimmung. Entgegenkommenden Joggern blase ich Zigarettenrauch ins Gesicht. Doch sind die zu höflich, um zu meckern. Oder es gehört einfach dazu.
Southside
Ein paar Fotos von der Bridge geknipst, anschliessend Wohnung gesucht. Die Vermieterin hat die Dreissiger kaum überschritten und empfängt mich in Pantoffeln und Bademantel, den sie sich über der Brust zuhält. Anzüglich? Keine Ahnung. Gerne würde sie Schwätzchen halten, doch hängt Sprachbarriere wie roter Balken zwischen uns. Englisch ist weniger so ihr Ding, soviel ist klar. Später dann gehe ich eine Kleinigkeit essen.